Frühschoppen

Braunschweiger Originale – Frühschoppen – Anekdote

Frühschoppen, na dann Prost.
Frühschoppen, na dann Prost.

Leser meines Blogs wissen es, ich bin eine Zeit lang mächtig durch das Braunschweiger Nachtleben gezogen. Vielleicht war es ein wenig Nachholbedarf nach langen Jahren Leistungssport, vielleicht auch ein bisschen Frust über eine Situation die sich ergeben hatte. In einer Kneipe, die mein bester Kumpel und ich des öfteren besuchten, lernte ich einen Mann kennen den ich hier mal als Braunschweiger Original bezeichnen möchte. Einen Taxi Fahrer, der natürlich immer viel zu erzählen hatte.

Ein bis zweimal die Woche kehrten wir Abends in der Pils Stube am Wall ein. Mein Kumpel kannte die Wirtsleute gut und die wiederum waren sehr bekannt in Braunschweig. Alt eingesessene Braunschweiger, Geschäftsleute, aber auch einige aus der umliegenden Gegend, die schon in Rente waren, zählten zu den Gästen. Viele hatten Spitznamen oder einen Beinamen, ich erinnere mich da an den Namen Dackel Dieter, den fand ich immer gut, weil Dackel meine Lieblingshunde sind. Es ging gemütlich zu, so wie man sich das in einer typischen Eckkneipe halt vorstellt. Es gab so gut wie nie Ärger und wenn überhaupt hatte sich das schnell wieder gelegt.

Jeden Abend so kurz nach 22 Uhr ging die Tür auf und er kam rein, unser Taxifahrer den wir hier mal Harald nennen. Taxi Harald hätte sicher auch gepasst, er war aber einer der wenigen die keinen Beinamen trugen. Die Wirtin hatte schon vorgezapft, er bestellte jeden Abend das gleiche, ein Bier und einen Korn. Harald war schon deutlich über 50 , ein Pfundskerl mit einer markanten Stimme und er hatte immer viel zu erzählen. Klar, als Taxifahrer bekommt man ja allerhand mit. Mit betont sanfter Stimme sagte er guten Abend und gab seine Bestellung auf, ist doch schon in Arbeit mein Bester entgegnete dann meist die Wirtin. Er war ein beliebter Gast. Wenn man dann das Glück hatte neben ihm zu sitzen, oder ihn nicht gleich bemerkte wenn er rein kam und an einem vorbeiging, wurde man meist sehr unsanft daran erinnert das er da war. Mit einem kräftigen Schlag auf die Schulter und den Worten: “Na Du Huckeduster” verwandelte sich der eben noch sanftmütig scheinende Mann in einen grobschlächtigen Kerl. In dem Job ist man wohl eher nicht zart besaitet.

Jedenfalls waren wir auch irgendwann einmal zum Frühschoppen da, was soll ich sagen, Harald unser Taxifahrer war natürlich auch da. Morgens schon ein paar Bierchen, da ist dann der Sonntag meistens schon gelaufen, für alle. Harald unterhielt das ganze Lokal, er war ein Großmaul, was ich im Zusammenhang mit ihm allerdings durchaus liebenswert meine. Seine Stimme war laut und polterig, er krächzte immer ein wenig, ob das nun vom vielen Rauchen kam oder von seinen vielen Dauer Erzählungen weiß ich nicht so genau, vielleicht ja auch von beidem. Er war der Held, einer der immer und für alles eine Lösung hatte. Fernsehen, Politik, Straßenbau etc., da würde er so einiges ändern von dem Blödsinn den die da oben verzapfen. Naja und die Frauen, das war ein Thema für sich. Irgendwie hörte man ihm aber gern zu, sprach er einem doch manchmal aus der Seele und böse sein konnte man ihm sowieso nicht, auch wenn er manchmal ganz schön übertrieb.

Irgendwann um die Mittagszeit wurde es für einige dann Zeit zu gehen, essen und dann ein Mittagsschläfchen. Auch Harald erwähnte das er jetzt aber bald los müsse, seine Frau hätte bald das Essen fertig und er wolle doch schließlich pünktlich sein um sie nicht zu verärgern. Doch dann fiel ihm etwas ein was er unbedingt noch loswerden wollte. Schnell noch ein Bierchen und ein Körnchen dazu, dann muss ich aber los meinte er. Das wiederholte sich dann bestimmt noch zwei Mal. Plötzlich unterbrach die Wirtin seinen Redeschwall, sie hatte den Telefonhörer in der Hand und meinte er solle mal herkommen. Eilig ging er um den Tresen, in der Kneipe war es ziemlich still, kein Wunder, er hatte ja aufgehört zu reden und irgendwie waren alle gespannt was denn wohl los war. Ohne ein Hallo und die Frage wer dran sei hauchte er in den Telefonhörer: “Hasilein ich komme gleich, ich hab schon bezahlt” und legte auf. Ein Hauchen war das allerdings nicht, eher ein Krächzen, seine Stimme war deutlich angeschlagen. In der Kneipe brach schallendes Gelächter aus. Er wusste vorher wer am anderen Ende der Leitung war, beeilte sich mit dem Bezahlen und verließ eilig das Lokal, natürlich nicht ohne sein angetrunkenes Bier zu leeren.

Ich erzählte die Geschichte meiner damaligen Freundin , die ihn auch kannte und immer wenn ich mal etwas spät dran war entschuldigte ich mich mit den Worten: “Hasilein ich komme gleich, ich hab schon bezahlt” Meistens haben wir dann beide gelacht und ich konnte den aufkommenden Zorn etwas mildern. An Orten an denen man gern verweilt bleibt man halt auch gern etwas länger und so lange man nichts schlimmeres anstellt ist das doch wohl auch in Ordnung. Das ist eben das wahre Leben und vielleicht haben ja einige so einen Harald im Freundes- und Bekanntenkreis, dem man gerne zuhört und der auf seine Art einzigartig ist, ein Original eben.

von Solariummann

Frühschoppen, einer geht noch.
Frühschoppen, einer geht noch.

2 Gedanken zu „Braunschweiger Originale – Frühschoppen – Anekdote“

    1. Oh das ist sehr Schade, wir haben ja bereits telefoniert und ich freue mich schon mit dir mal wieder ein bisschen Unsinn zu machen. Natürlich werden wir auch ein Gläschen auf “Harald” trinken, er war ein feiner Kerl.

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